Donnerstag, 26. November 2009

Deutscher Ethikrat zum Thema Babyklappen und anonyme Geburten

Heute bin ich beim Autofahren aus allen Wolken gefallen, als eine Randmeldung der WDR5-Nachrichten mich erst vermuten ließen, mich verhört zu haben.

Aber nein, mittlerweile habe ich es auch schriftlich überprüft.
Die 19 Herren und 7 Frauen des deutschen Ethikrates haben in ihrer öffentlichen Stellungnahme "Das Problem der anonymen Kindsabgabe" empfohlen sowohl anonyme Geburten als auch Babyklappen abzuschaffen. Der Rat hat mehrheitlich beschlossen, dass die anonyme Kindsabgabe das Recht des Kindes auf das Wissen um seine Herkunft und die Beziehung zu seinen Eltern unzumutbar verletzt. Und empfiehlt daher diese Einrichtungen abzuschaffen.

Da blieb mir doch ehrlich gesagt die Luft weg. Ich weiß nicht, ob es den Herren und paar Frauen nicht bewusst ist in welchem Jahrhundert wir leben!
Wir leben in einer Zeit in der ich mich in das Wartezimmer meines Frauenarztes setze mit durchaus bürgerlichen Patienten und sich eine Mutter mit ihrer Tochter und deren Freundin darüber unterhält wieviele Abtreibungen es in ihrer Stufe bisher gab. Das sich zu fünf Abtreibungen eine Teeniemum gesellt und eine Schulfreundin gerade mit entsprechendem Grund in den Niederlanden weilt...

In einer Zeit in der Menschen sich überall Gedanken machen, ob ein Kind in ihr Leben passen könnte. In denen Kinder ganz klar gegen "Luxus" und "Freiheit" aufgewogen werden... in einer Zeit in denen Kinder einfach abgetrieben werden können. Wenn nicht hier, dann findet man im nahen Ausland Möglichkeiten. Legal hin oder her...
Nicht das hier der falsche Eindruck entsteht, dass ich prinzipiell gegen Abtreibungen wäre. Ich denke, dass es durchaus Situationen gibt in denen ich keiner Frau wünsche zu stecken!

Ich persönlich habe einen großen Respekt vor allen Frauen, die sich dafür entscheiden selbst nicht in der Lage zu sein ein Kind groß zu ziehen, aber ihm dennoch die Chance geben zu leben.
Auch wenn das bedeutet, dass sie sich unangenehmen Fragen ihres sozialen Umfeldes ausgesetzt sieht!
Ich persönlich hätte meine beiden Krümel nach der Schwangerschaft im Leben nicht hergeben können! Niemals. Dieses wundervolle, zerknautschte, hilflose kleine Wesen...

Und ich bin dankbar, dass Menschen die Möglichkeit haben ihre Kinder anonym zu gebären. Jedenfalls finde ich persönlich das um ein Vielfaches besser als 17-Jährige Mädchen, die ihre Kinder auf der Schultoilette bekommen oder sie aus Angst vor den Eltern irgendwo aussetzen und Schlimmeres!

Dazu heißt es auf der Internetseite des deutschen Ethikrates:
"Die bisherigen Erfahrungen legen zudem nahe, dass Frauen, bei denen die Gefahr besteht, dass sie ihr Neugeborenes töten oder aussetzen, von diesen Angeboten nicht erreicht werden."

Herrlich! Wie kann es denn sein, dass diese Mädchen und Frauen nicht "erreicht" werden? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie nicht erreicht werden wollen! Ich denke ganz naiv, dass es einfacher ist ein "etwas" auf einem Ultraschallbild nicht zu gebären als ein lebendiges kleines Wesen auszusetzen oder zu töten.

Mich erinnert das ganze ein bisschen an die Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs frei nach dem Motto:
Wir haben hier eine tolle Impfung von der wir weder sicher wissen, dass sie auch wirklich genau das Bewirkt was wir uns vorstellen, noch können wir ausschließen, dass sie nicht andere Krebsarten fördert oder anderweitige Folgeschädigungen begünstigt. Aber wir empfehlen sie.
Ach ja, Kondome würden auch schützen! Zuverlässig! Ohne Spätfolgen! Nebenbei auch noch gegen HIV und andere Geschlechtskrankheiten. Schade, dass sie nicht mehr populär sind... Interessant, dass Eltern ihre Kinder eher zum Arzt schicken als ihnen Kondom zu geben.

Ist es nicht letztlich so, dass das höchste Recht eines jeden Menschen das Leben überhaupt ist?! Wenn die Babys nicht geboren werden, werden sie nie erfahren wer die Eltern waren. Wenn die Wahrscheinlichkeit steigt, dass das Baby nicht ausgetragen wird finde ich es im Verhältnis einen kleinen Wehrmutstropfen, wenn Kinder keinen Kontakt zu ihren leiblichen Eltern haben und ihre Wurzeln nicht kennen.

Ich fände es sinnvoller und ethischer erst einmal dazu zu raten Babyklappen und anonyme Geburten populärer zu machen. Bereits junge Mädchen im Zuge der schulischen Aufklärung u.ä. auch auf diese Möglichkeit hinzuweisen und zu erklären wo im Fall der Fälle Hilfe bekommen können.

Eine Empfehlung dahingehend, dass diese Art der Geburten zielgruppenorientiert kommuniziert werden muss und soll. Das wäre ein Anfang und ein vernünftiger Rat.

Wenn dann nach der Implementierung solcher Kommunikationsmaßnahmen immer noch festgestellt werden muss dass "Frauen, bei denen die Gefahr besteht, dass sie ihr Neugeborenes töten oder aussetzen, von diesen Angeboten nicht erreicht werden". Und zudem sichergestellt werden kann, dass die anonymgeborenen Kinder auch dann geboren worden wären, hätte es diese Möglichkeit nicht gegeben.

Dann, und nur dann, ist es aus meiner Sicht ethisch und moralisch vertretbar das Recht der Kinder ihre Wurzeln zu kennen vor das Recht der Kinder auf Leben zu stellen.

Mittwoch, 25. November 2009

Betreuungsgeld

Zur Zeit wird heftig Debattiert über das Betreuungsgeld.
Sowohl in der Öffentlichkeit, als auch im Privaten. Dabei wird meiner Meinung nach so einiges durcheinander gewürfelt. Wie es heute Morgen auch in der "Redezeit" auf WDR 5 wieder deutlich wurde.

Prinzipiell bin ich für das Betreuungsgeld. Warum?
Weil es das "Muttersein" in der öffentlichen Wahrnehmung verändert. Es signalisiert, dass das "Muttersein" keine Selbstverständlichkeit ist, die sich von allein erledigt.

Das die meisten Mütter ihre Kinder lieben steht ganz außer Frage. Das ist von der Natur hervorragend eingerichtet. Aber wenn man sich auch dagegen streuben mag es als Job zu betrachten, so ist es dennoch eines: anstrengend! Jeder der jetzt süffisant lächelt musste nicht über Monate nachts aufstehen. Ein stetig unzufriedenes, da krankes, kränkelndes oder zahnendes Kind tragend versuchen den Haushalt, Besorgungen und den ganzen administrativen Familienkram zu erledigen oder sich ansonsten dem stetigen Gebrüll ausgesetzt sehen, das erfolgt, wenn man dem so beeinträchtigten Kind die Nähe entzieht und sei es nur um auf Toilette zu gehen.
Von heufig vorkommende Wutanfälle, Mecker- und Schimpfattacken oder Heulanfällen- je nach Temperament des Kindes- ganz zu schweigen, die sich in den typischen Entwicklungsphasen häufen in denen der geliebte Schatz nach Dingen strebt, die er noch nicht ganz beherrscht wie die Fortbewegung, das Aufrichten, Laufen und, schlimmer, die stetig vorkommenden Missverständisse beim Sprechen lernen.

Und deshalb bin ich dafür.

Dagegen bin ich jedoch, diese Anerkennung gegen "öffentliche Bildungseinheiten" wie Krippen und KiTas auszuspielen! Und ich finde es fatal und rückständig, wenn diese Anerkennung dazu führt das Bild der Mütter wieder ins schlechte Licht zu rücken, die auf diese Angebote angewiesen sind und/oder sie gerne in Anspruch nehmen!

Es ist nicht so, dass Kinder, die bis zu ihrem dritten Lebensjahr nur von der Mutter betreut werden grundsätzlich psychische oder soziale Vorteile für ihr späteres Leben haben. Es stimmt jedoch, dass im ersten Lebensjahr das Urvertrauen des Kindes entscheidend geprägt wird und daher eine besonders enge Beziehung von Mutter und Kind förderungswürdig ist und eine Vollzeitbetreuung in Krippen und KiTas weniger vorteilhaft erscheint.
Hier hat die Regierung mit dem Elterngeld zumindest für all diejenigen, die sich tendenziell eh Kinder leisten können, einen richtigen Schritt getan. Das gerade diejenigen, die finanziell schlechter gestellt sind und dem entsprechend eher finanzielle Hilfe benötigen würden, mit dem Elterngeld nur noch etwa halb so viel Unterstützung bekommen wie vor der Einführung des Elterngeldes kommentiere ich nicht weiter.

Im Gegenteil ist es sogar so, dass die Kinder, gerade wo zunehmend im Gartenparadies spielende Einzelkinder in die Welt gesetzt werden, auch schon in jungen Jahren deutlich vom Umgang mit anderen Kindern profitieren! Und die heutige Pädagogengeneration dürfte wohl in einer Vielzahl von Fällen dem pädagogischen Können und Wissen auch gebildeter Eltern überlegen sein. Und wenn sich die Eltern gegen diese Aussage streuben, werden sie insgeheim doch zugeben müssen, dass zumindest im Hinblick auf die Geduld Erzieherinnen und Erzieher oftmals wie kleine Engel erscheinen...

Natürlich sollen Kinder in das Leben eingebunden sein und werden zu dem auch die tägliche Hausarbeit gehört. Dennoch finde ich es für sie schöner, wenn sie sich nicht schon in einem Alter in dem sie es noch nicht wirklich können und verstehen selbst beschäftigen müssen oder zu ihrem eigenen Schutz im Kinderzimmer verwart werden oder im Laufstall... Zudem darf in diesem Kontext nicht vergessen werden, dass nicht selten Omas und Opas die (stundenweise) Betreuung der Enkel übernehmen. Wobei sich hier meiner Meinung nach erst recht die Frage stellt in wie weit dies pädagogisch sinnvoll ist. Sowohl hinsichtlich veralteter Erziehungsmodelle als auch tendenziell zum Verwöhnen neigender Großeltern.
Ganz davon abgesehen, dass Mütter, die Zuhause bleiben ihren Job nur dann gut machen können, wenn sie es freiwillig tun und nicht dazu gedrängt werden. Egal von wem, eigenen vermittelten Wertevorstellungen, dem Druck der Öffentlichkeit, dem Druck der eigenen Familie...

Und wäre dieses typisch deutsche Denken, das gern von männlichen Vertretern in der öffentlichen Diskussion angebracht wird tatsächlich der einzig wahre Weg, so wäre unsere deutsche Gesellschaft wohl vielen anderen weit überlegen und skandinavische Jugendliche grundsätzlich ebenso verkorkst wie französische Kinder und Jugendliche.
Was mittlerweile belegbar nicht der Fall ist.

Deshalb wäre es wichtig zu begreifen und deutlich zu machen- überparteilich-, dass das Betreuungsgeld nichts über diese Anerkennung des Mutterseins hinaus leisten kann. Und derartige Diskussionen im Keim zu ersticken.
  • Es wird die sozialen Missstände nicht lösen, in denen zunehmend mehr Kinder aufwachsen.
  • Es wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht verbessern.
  • Es wird die Qualität der Betreuungsmögilchkeiten nicht verbessern.
  • Es wird das Grundproblem nicht lösen, dass es durchaus Familien in Deutschland gibt, die die Sozialleistungen des Staates gerade auch für die Kinder schlicht und einfach ausnutzen, ohne das diese den Kindern in einem Umfang zu Gute kommen, für den diese Leistungen eigentlich gedacht sind
  • Es ist keine Aussage darüber ob die Betreuung in "öffentlichen Bildungseinrichtungen" besser oder schlechter ist als die Betreuung durch die Mutter Zuhause
Es ist schlicht das was es ist: Die Anerkennung und Unterstützung der Frauen, die sich bewusst dafür entscheiden sich alleine um die Betreuung ihrer Kinder zu kümmern. Ohne die Qualität der Betreuung zu bewerten, die dem Kind damit zu Teil wird!

Und wenn es als Anerkennung gedacht ist, erübrigt sich auch die Debatte darüber, ob das Geld in Bar oder als Gutschein ausgezahlt werden soll. Mit meinem Lohn und Elterngeld darf ich schließlich auch machen was ich möchte. Das es mancherorts sinnvoll erscheint Eltern über die Bedürfnisse von Kindern aufzuklären, sie in Erziehungs- und Familienfragen zu stärken und in einen sinnvollen Umgang mit Geld zu schulen steht widerum auf einem anderen Blatt. Ist eine andere Diskussion an die sich meiner Meinung nach anschließen sollte ob der finanzielle Hintergrund allein ein Kriterium ist ob Familien diese Hilfestellungen nötig hätten..

Gutscheine bergen in der Diskussion um das Betreuungsgeld jedochi zwei grundsätzlich falsche Aspekte:

Zum einen wird den Eltern Geld dafür gezahlt, dass sie ihre Kinder Zuhause betreuen, dass dann widerum an Fremdbetreuung- und Förderung zweckgebunden wird. Was ich völlig absurd finde und sinnfrei.
In diesem Fall könnte das Geld auch in den qualitativen Ausbau von Betreuungseinrichtungen gesteckt werden. Oder es könnte das Essensgeld etc. das vielerorts bereits genommen wird übernommen werden. Denn den Kindergartenplatz müssen Familien mit der Art knappen Budget eh nicht zahlen.

Zum anderen verkommt das Betreuungsgeld dann zu etwas ganz anderem. Dem Eingeständnis, dass Kinder deren Eltern wenig Geld zur Verfügung haben auf Grund der daraus resultierenden mangelnden Forder- und Förderung nachhaltig in ihrer Entwicklung benachteiligt werden. Der Clue ist allerdings: dieses Eingeständnis kann man machen ohne irgendetwas öffentlich eingestehen zu müssen. Denn offizieller Grund für die Gutscheine ist ja, dass finanziell schlechter gestellte Eltern nicht mit Geld umgehen können und einfach an dieser Stelle sicher gestellt werden soll, dass das Geld den Kindern zu Gute kommt...

Fazit: Das Betreuungsgeld ist eine gute Sache, wenn es um den Kern geht. Um die Aufwertung des "Mutterseins" ohne gleichzeitige Abwertung von berufstätigen Müttern und Krippen und KiTas im Allgemeinen.
Aber das Betreuungsgeld ist eben nur das Betreuungsgeld. Es ist schade, dass es in der öffentlichen Diskussion so geschickt zweckentfremdet und politisiert wird. Sich so herrlich Meinungs- und Stimmungsmache damit betreiben lässt.
Wie so oft erscheint es mir zudem fragwürdig, dass ausgerechnet Männer, jedenfalls in der Mehrzahl, so tun als wüssten sie was Mütter bewegt...